In den letzten Tagen haben viele von uns ein neues Wort gelernt: schottern, im Zusammenhang mit den Atommülltransporten ins Wendland. Wenn hier geschottert wird, bedeutet das, dass „die Steine aus dem Gleisbett entfernt werden„.
Viele von uns kannten das Verb schottern aber sicher schon vorher, und zwar unter der Bedeutung, die im Duden-Universalwörterbuch (vgl. die 5., neu bearb. u. erw. Aufl. 2003) verzeichnet ist:
schot|tern <sw. V.; hat>: mit Schotter (1) aufschütten
oder in Wahrigs Deutschem Wörterbuch (vgl. die 8., vollst. neu bearb. u. aktual. Aufl. 2006):
schot|tern (V. tr.; hat) eine Straße ~ mit Schotter belegen
Es ließe sich also sagen: „Die Gleisbetten, die vorher sorgfältig geschottert worden waren, wurden durch die Protestierenden geschottert.“ Wenn im Wendland fleißig weiter geschottert wird, kommt es vielleicht zu einer Ergänzung des Wörterbucheintrags, ungefähr so:
schot|tern
1. mit Schotter versehen
2. Schotter von etwas entfernen
Solche Wörter, die in der einen Lesart das eine bedeuten und in der anderen Lesart (ganz ohne Ironie) das genaue Gegenteil, sind mir sehr sympathisch. Gleichwohl fallen mir ad hoc nicht sehr viele ein:
herausstreichen (1. entfernen, 2. besonders betonen)
Das Präfix un- könnte man noch nennen (Unsinn ‚kein Sinn‘ vs. Unsumme ‚hohe Summe‘)
Wer mehr hat, darf gerne die Kommentarfunktion benutzen oder über sonstige Kommunikationswege an mich herantreten.
Nachtrag, 12.11.: Die Zeit macht gerade Werbung (oder so etwas ähnliches) für ein neu erschienenes „Lexikon der sperrigen Wörter“. Das scheint mir eher ein feuilletonistisches Projekt zu sein, in dem sich mehr oder weniger bekannte Kulturschaffende zu mehr oder weniger auffälligen/unbekannten/verwirrenden Wörtern jeweils ein paar Gedanken machen dürfen — wer’s braucht. Immerhin werde ich durch den Artikel auf das Wort auswintern aufmerksam, das frei nach Adelung Folgendes bedeutet: 1. gut durch den Winter bringen, 2. im Winter verderben (z.B. durch Erfrieren). Der zehnbändige Duden kennt zwar nur noch die zweite Lesart, ebenso wissen.de, aber auch ein historisches Beispiel für zwei, wie man so sagt, diametrisch entgegengesetzte Bedeutungen erfreut mich.
Hier gibts noch ein paar Beispiele für sog. Antagonyme: http://de.wikipedia.org/wiki/Antagonym
Sehr schön, vielen Dank für den Hinweis! Antagonym … wieder ein Wort gelernt.