… bilden zwei hübsche Pärchen (ganz bestimmt) — und auch den Beginn des Buchstabieralphabets im Deutschen. Dieses Alphabets, das man verwendet, um schwierige Wörter etwa am Telefon zu buchstabieren. So wie dies eine Kollegin von mir vor Kurzem getan hat, mit der Folge, dass ich mich fragte: Sind etwa Berta oder Dora eigentlich noch geläufig? Schließlich kann man schon auch mal darüber nachdenken, wie sinnvoll es denn ist, unbekannte Wörter mit anderen unbekannten Wörtern zu buchstabieren.
Es folgt das deutsche Buchstabieralphabet (aus Wikipedia) mit Angaben zur Häufigkeit aus dem Projekt Deutscher Wortschatz. Ich liste in den ersten beiden Spalten auch die Buchstaben auf, die nicht mit Eigennamen bezeichnet werden; diese berücksichtige ich aber, da es mir in diesem Eintrag um Namen geht, im Folgenden nicht mehr. Übrigens: Männliche Vornamen machen 70% der Namen aus, weibliche nur 30%.
Buchstabe | Bezeichnung (Deutschland, DIN 5009) | Vorkommen im Projekt Deutscher Wortschatz | Häufigkeitsklasse im Projekt Deutscher Wortschatz* |
A | Anton | 1685 | 11 |
Ä | Ärger | – | – |
B | Berta | 69 | 16 |
C | Cäsar | 208 | 14 |
Ch | Charlotte | 1297 | 12 |
D | Dora | 275 | 14 |
E | Emil | 649 | 13 |
F | Friedrich | 7775 | 9 |
G | Gustav | 1411 | 12 |
H | Heinrich | 4476 | 10 |
I | Ida | 97 | 16 |
J | Julius | 853 | 12 |
K | Kaufmann | – | – |
L | Ludwig | 5756 | 10 |
M | Martha | 525 | 13 |
N | Nordpol | – | – |
O | Otto | 9927 | 9 |
Ö | Ökonom | – | – |
P | Paula | 631 | 13 |
Q | Quelle | – | – |
R | Richard | 6420 | 10 |
S | Samuel | 1345 | 12 |
Sch | Schule | – | – |
ß | Eszett | – | – |
T | Theodor | 759 | 13 |
U | Ulrich | 8515 | 9 |
Ü | Übermut | – | – |
V | Viktor | 1712 | 11 |
W | Wilhelm | 5762 | 10 |
X | Xanthippe | 9 | 19 |
Y | Ypsilon | – | – |
Z | Zacharias | 113 | 15 |
(* Eine Häufigkeitsklasse x des Wortes y bedeutet, dass das im Corpus am häufigsten vorkommende Wort der etwa 2^x-mal häufiger vorkommt als das Wort y. Mit anderen Worten: Je kleiner die Häufigkeitsklasse, desto höher die Verwendungshäufigkeit.)
Man sieht deutliche Unterschiede: Die Namen Berta, Cäsar, Dora, Ida, Xanthippe und Zacharias kommen sehr selten vor, Friedrich, Otto und Ulrich werden am häufigsten im Corpus gefunden. Allerdings gibt es über die Corpuszusammensetzung kaum Informationen und eine zeitliche Entwicklung ist auch nicht entnehmbar. Ich habe daher auf der Grundlage der Ranglisten-Daten der Internetseite beliebte-vornamen.de (zur Methodik dieser Seite hier) den Verlauf der entsprechenden Vornamen zwischen den 1890er und den 2000er Jahren pro Jahrzehnt grafisch aufbereitet (das Buchstabieralphabet nimmt seinen Anfang laut Wikipedia um die Jahrhundertwende). Aus Gründen der Übersichtlichkeit habe ich die Namen aufgeteilt und zeige jeweils etwa ein Drittel in einer Abbildung:
(Alle drei Abbildungen in einer PDF-Datei.)
Zunächst einmal: Die Namen Cäsar, Xanthippe und Zacharias werden bei beliebte-vornamen.de überhaupt nicht in den Top-Listen aufgeführt, nicht einmal ganz zu Beginn. Sonst zeigt sich aber schon, dass viele der im Buchstabieralphabet enthaltenen Namen um die Jahrhundertwende zu den am häufigsten vergebenen Namen in Deutschland gehörten (die Belegung des Buchstabieralphabets änderte sich allerdings im Laufe der Zeit, siehe auch dazu den Wikipedia-Artikel). Und es zeigt sich ebenfalls wunderbar, wie die Popularität eines Namens langsam schwinden kann, bis er dann irgendwann total out ist. Musterbeispiele sind etwa Berta, Dora, Gustav, Heinrich, Otto oder Theodor; die meisten Träger dieser Namen dürften heute schon etwas älter sein.
In anderen Fällen geht es ebenfalls stetig bergab — aber dann kommt der Name auf einmal wieder in Mode: Anton, Charlotte und Julius tauchen nach dem zeitweisen Abstieg und teilweise jahrzehntelanger Abwesenheit wieder auf und halten sich dann wieder mehrere Jahrzehnte lang in den Top-Listen; Emil, Ida, Martha oder Paula spitzen ebenfalls in der unmittelbaren Vergangenheit wieder hervor.
Eine etwas wundersame Ausnahme stellt Samuel dar, der zwar (mit Unterbrechungen in der Nazi-Zeit) von 1905 an den Buchstaben S bezeichnet, aber erst in den 1980ern erstmals in den Top-Listen auftaucht. Viktor kam auch erst etwas später in Mode, aber immerhin schon in den 1920ern. Insgesamt vermittelt die Übersicht den Eindruck, als sei in den 1970er und 80er Jahren ein Wendepunkt in Sachen Nachwuchsbenamsung gewesen, der fast nur an Richard halbwegs unbemerkt vorbeigegangen ist — dem einzigen Namen, der kontinuierlich in jedem Jahrzehnt top war.
Der Vergleich mit den Häufigkeitsklassen aus dem Projekt Deutscher Wortschatz zeigt, dass mit der jungen Ausnahme von Ida die selten im Corpus vorkommenden Namen tatsächlich auch in der Namenswahl aus der Mode gekommen sind. Allerdings spielt auch von den drei am häufigsten im Corpus vorkommenden Namen, Friedrich, Otto und Ulrich, nur der erstgenannte noch (bzw. wieder) oben mit, während Otto und Ulrich seit 60 bzw. 40 Jahren einstauben. Da die Träger dieser Namen aber in dieser jetzigen Zeit im besten Alter für erfolgreiche Manager, Schauspieler etc. sind, tauchen sie wohl doch häufiger in den Medien auf.
Wenn man sich also die Entwicklung ansieht, die hier aufgezeigt wird, kann man schon auf den Gedanken kommen, dass das Buchstabieralphabet den Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte einmal angepasst werden könnte. Andererseites: Wenn es so weitergeht, kommen auch Berta, Dora etc. demnächst wieder in Mode, und ein Verständigungsproblem verschwindet von ganz alleine. Wer weiß, was unsere Nachfahren denken würden, wenn wir heutzutage Cäsar durch Cindy ersetzten. (Das, zugegeben, war jetzt ein dummer Witz, denn Cindy taucht nicht in den Top-Listen zwischen 1990 und 2009 auf. Und Cäsar kennt jede(r), obwohl der Name so selten in den Quellen erscheint.)
PS: Was macht man eigentlich, wenn der Gesprächspartner mit Berta tatsächlich nichts mehr anfangen kann? „Was meinen Sie?“ — „Ich meine Berta, also B wie Berta, E wie Emil …“ Rekursionen sind schon ein abendfüllender Zeitvertreib.
Nachtrag:
Einen interessanten Überblick über Änderungen im Buchstabieralphabet bietet Clemens Schwender: Die Buchstabiertafel.
Vermutlich ist statt „2x“ (zweimal ix) „2^x“ gemeint (zwei hoch ix) – also ist „der“ nicht 2*3 = 6 sondern 2^3 (2³) = 8 -mal häufiger als ein Wort der Häufigkeitsklassse 3.
Danke für den Hinweis, das stimmt: Es ist 2^x gemeint; im HTML-Code steht auch 2<sup>x</sup>, aber angezeigt wird es falsch. Komisch, ich ändere das zur Sicherheit.
Naja, aber der Sinn des Buchstabieralphabets ist es doch nicht, dass man die Wörter kennen muss, sondern nur dass man weiß, mit welchem Buchstaben sie beginnen. Also selbst in dem unwahrscheinlichen Fall, dass jemand nicht weiß, was „Berta“ sein soll, weiß er/sie doch zumindest, dass das ein Wort ist, das mit „B“ anfängt, und wird somit kaum auf die Idee kommen nachzufragen, wenn jemand „Berta“ zum Buchstabieren benutzt.
Aber ob das am Telefon so gut rüberkommt? Wenn jemand „Berta“ nicht kennt, kann man auf der anderen Seite des Rauschens alles mögliche verstehen, z.B. „W“ („Werta“/“Wärter“/“Werder“), bei ein bisschen hyperkorrekter Aussprache (gerade in meiner Gegend) auch „P“ wie „Perta“ (Perta? Berta? Kenn ich beides nicht …). Wahrscheinlich haut das schon noch ganz gut hin mit diesem Buchstabieralphabet, aber vor 100 Jahren kannte eben wahrscheinlich tatsächlich jede(r) diese Namen, heutzutage sind sie einfach nicht mehr so häufig.
Ich schlage vor:
A wie Agro, B wie Blog, C wie die Festplatte, D wie Domain, E wie externe Datensicherung, F wie Facebook, G wie Google ….
Ich kann mir nie merken wie die „offiziellen“ Buchstabieralphabete lauten (und ich habe durchaus schon Probleme gehabt solche Buchstabierungen bei schlechten Verbindungen zu verstehen) so dass ich bei (seltenem) Bedarf einfach etwas erfinde – was auch recht gut funktioniert.
Was dabei deutlich anders ist: ich verwende so gut wie nie Namen. „Normale“ Worte funktionieren einfach besser.
Es kommt ja nicht darauf an, dass das Wort im allgemeinen besonders bekannt oder beliebt ist. Vielmehr ist es wichtig, dass immer der selbe Satz Wörter benutzt wird, und dieser so ausgewählt wurde, dass keine zwei Wörter miteinander bei schlechter Verständlichkeit verwechselt werden können, wie z.B. Siegfried und Friedrich in einem Alphabet (wie zur Zeit des Nationalsozialismus, und in Österreich bis heute) sind schlecht (schon selbst erlebt); einsilbige Wörter sind auch schlecht.
Zu ISDN-Zeiten waren für die Normalsterblichen Buchstabieralphabete wahrscheinlich überflüssig. In den heutigen Zeiten von VOIP und Mobiltelefonen mit aggressiver Datenkompression wären sie aber wieder nützlich. Funkamateure, Flieger, Sportbootfahrer mit Funkzeugnis und (ehemalige) Militärangehörige kennen das ITU-Alphabet, alle anderen wurschteln rum, oder haben gar noch den Siegfried im Kopf.