Das rumänische Wörterbuch DEX, das ungefähr den Rang unseres Duden hat, steht in den vergangenen Wochen von unterschiedlichen Seiten unter Beschuss:

Im Juli wurde von Hindus die Bedeutungserläuterung des Wortes Zigeuner (rum. ţigan) als ‚Beiname für eine Person mit schlechten Manieren‘ kritisiert (Lesart I.3 des oben verlinkten Artikels). Diese Bedeutung solle durch den Hinweis ‚pejorativ‘ ergänzt werden (s. u.a. News Blaze).

Im August drängte dann eine jüdische Organisation auf eine Änderung des Artikels zum Wort jidan. Dieses sei die größte Beleidigung, die es in der rumänischen Sprache für Juden gebe — „but it is also used colloquially by mainly elderly Romanians who would not consider themselves anti-Semitic“. Die Benutzung des Wortes sei sogar illegal, da in Rumänien ein Gesetz gelte, das die Verwendung von faschistischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Symbolen verbiete (s. u.a. ynetnews.com). Im Wörterbuch wird das Wort aber derzeit lediglich als „familiär“ markiert.

In beiden Fällen will die Wörterbuchredaktion den Beschwerden nachkommen (s. für țigan Yahoo! News; für jidan europeonline-magazin.eu). Im Fall von țigan wies der Herausgeber aber auch darauf hin, dass dies „would not wipe out use of the word’s pejorative meaning among Romanian speakers“. In Rumänien werden die Roma häufig diskriminiert; im Jahr 2009 wurde die Sängerin Madonna von Teilen ihrer Fans ausgebuht, als sie sich während eines Konzerts gegen die Diskriminierung von Zigeunern/Roma aussprach (guardian.co.uk).

In deutschen Wörterbüchern (vgl. etwa auf duden.de: Jude, Zigeuner) sind Hinweise zur Benutzung und zu (möglichen) Konnotationen kritischer Wörter noch nicht durchgängig, aber teilweise vorhanden. Wozu das? Wer etwas gegen Menschen anderen Glaubens, anderer Herkunft, anderer Hautfarbe oder Lebensweise hat, wird seine Einstellung nicht dadurch ändern, dass man Wörter im Wörterbuch als ‚abwertend‘ markiert. Wer aber mit Glauben, Herkunft, Hautfarbe oder Lebensweise anderer Leute keine Probleme hat, sich aber der Tatsache nicht bewusst ist, dass Wörter, die er/sie als neutral empfindet, von anderen — und insbesondere auch von dem betroffenen Personenkreis — als negativ wahrgenommen werden, der oder die hat hier eine Orientierungshilfe. Die kann man annehmen — oder auch nicht. Auf eigene Gefahr.