Es ist wieder so weit: Die Wahl zum Anglizismus des Jahres geht in die Endrunde. Ende Januar werden wir zu einer Entscheidung gekommen sein, aber vorher stellen wir in diesen Tagen die finalen Kandidaten einzeln vor. Nachdem es gestern im Sprachlog mit Social Freezing losging, wird die Besprechung hier im Lexikographieblog heute eingeleitet vom Kandidat Phablet.

Phablet ist eine sog. Wortkreuzung (auch: Kontamination) aus den beiden englischen Wörtern phone und tablet — jeweils die unterstrichenen Buchstaben wurden herausgenommen und zu diesem neuen Ausdruck zusammengesetzt. Dieses Wortbildungsverfahren wird unter Bloggern und Journalistinnen häufig eingesetzt, um auch sprachlich zu verdeutlichen, dass zwei bekannte Dinge zu etwas Neuem verschmolzen sind — in diesem Fall eben das Smartphone (zum Telefonieren) und das Tablet (mit dem größeren Display zum Draufgucken und Draufrumwischen) zum Phablet: einem Smartphone mit relativ großem Bildschirm. (Randbemerkung: Auch ein weiterer AdJ-Kandidat, Sexting, ist durch Wortkreuzung entstanden.)

Phone + Tablett ≠ Phablet (Bildnachweise siehe unten)

Phone + Tablett. Phablet? (Bildnachweise siehe unten)

Mit dem Ursprung des Wortes (im Englischen) hat sich der amerikanische Linguist und Lexikograph Ben Zimmer freundlicherweise bereits kürzlich beschäftigt. Er verweist auf einen Tweet eines Sloan Bowman (@sloanb) aus dem September 2009 als erste dokumentierte Verwendung; in der daraus entstehenden Kommunikation folgt auch gleich die Erklärung: „phablet = Phone/Tablet“. Es ist aber auch möglich, dass mehrere Menschen unabhängig voneinander innerhalb kurzer Zeit auf diesen Gedanken gekommen sind. In der englischsprachigen (Technik-)Presse wird das Wort dann ab Mitte 2010 verwendet.

Im Deutschen muss sich Phablet noch gegen Smartlet (aus Smartphone und Tablet) durchsetzen, für das ich noch etwas frühere Belege finden kann (z.B. vom Dezember 2011). Zunächst werden Phablet und Smartlet gemeinsam genannt; dies sind dann auch — angesiedelt im Frühjahr 2012 — die frühesten Belege, die ich ermitteln kann (z.B. auf giga.de: „Laut der Facebook-Meldung von Samsung Mobile Hongkong soll das offizielle Ice Cream Sandwich-Update für das Phablet bzw. Smartlet im Mai erscheinen“; ähnlich auch hier). Auch heute noch findet man vergleichbare Formulierungen, der Ausdruck Phablet begegnet aber inzwischen deutlich häufiger und auch das Suchinteresse gilt laut Google Trends eindeutig dem Phablet (rot) und nicht dem Smartlet (blau):

Phablet/Smartlet: Suchinteresse laut Google Trends

Phablet/Smartlet: Suchinteresse in Deutschland seit 2010 laut Google Trends

 

Im Deutschen Referenzkorpus DeReKo (via COSMAS II) sind relativ wenige Treffer für 2012 (1 Treffer), 2013 (78 Treffer) und 2014 (12 Treffer bis Mitte des Jahres) aufgelistet, was die Vermutung nahelegt, dass Phablet noch eher in technikaffinen Online-Medien verwendet wird als in der allgemeinen Presse.

Orthographisch wurde das Phablet bereits in Teilen eingedeutscht: Zum einen die Großschreibung, wie bei Substantiven im Deutschen üblich. Zum anderen findet sich sehr gelegentlich auch die Form Phablett mit zwei t am Schluss, wie in Tablett. Eine andere, sinnvolle Ein-Wort-Alternative mit „althergebrachtem“ deutschem Sprachmaterial und gleicher Bedeutung ist mir nicht bekannt. Eine lexikalische Lücke kann man hier also sehen, wenn man Bezeichnungen wie „großes Smartphone“ für das Ding nicht für zutreffend hält (wegen zu großer Betonung der „Phone“-Komponente oder weil man unbedingt genau ein knackiges Wort will oder so).

Was die lexikographische Bearbeitung angeht, so ist diese bei Phablet noch nicht sehr weit gediehen: Duden und Pons haben keinen Eintrag, auch nicht die deutschsprachige Wiktionary-Version (die englische seit 2013); wohl aber einige andere von Benutzern selbst aktualisierte Nachschlagewerke: Wikipedia (im Deutschen seit November 2012) und Sprachnudel (seit Januar 2013).

Fazit: Phablet hat im Tech-Jargon bereits erfolgreich Einzug gehalten, in der allgemeinen Berichterstattung kommt der Ausdruck vor — wenn auch nicht allzu häufig. Das Interesse am Gegenstand Phablet ist nachweislich vorhanden (Google Trends), was auch dem Wort Phablet gute Voraussetzungen bietet, sich nachhaltig im Deutschen zu etablieren. Insgesamt gesehen würde ich sagen: kein absoluter Spitzenkandidat, aber doch einer, den man nicht unterschätzen sollte.

Bildnachweise:
Wikimedia Commons; Telefon: Holger Ellgaard, Tablett: Gryffindor
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