Da ist letztes Jahr offensichtlich etwas an mir vorbeigegangen — vom Wort Phubbing und seiner Geschichte erfuhr ich erst kürzlich, obwohl sie (die Geschichte) schon im vergangenen Herbst ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht hatte.

Das Wort Phubbing wurde im Englischen gebildet, um — ich zitiere Wikipedia — „die Angewohnheit, sich mit dem Handy oder Smartphone zu beschäftigen, während man die Menschen, mit denen man gerade gesellschaftlich verkehrt, vernachlässigt“ zu benennen. Das Phänomen ist bekannt, es wurde unter dem Schlagwort Phubbing eine Kampagne dagegen inszeniert, der Ausdruck machte daher die Runde und schaffte es auch ins Deutsche: u.a. auf sueddeutsche.de wurde darüber berichtet.

So weit, so gut — bis schließlich bekannt wurde, dass Phubbing (das Wort, nicht das Phänomen) von einer Werbeagentur unter fleißiger Mitwirkung von Sprachwissenschaftlerinnen, Autorinnen und einem Kreuzworträtsologen (in einem Hemd, für das selbst ich all meinen Mut zusammen nehmen müsste[1]) erfunden worden war, um ein australisches Wörterbuch (das Macquarie Dictionary) zu promoten. So berichtete u.a. BR-Puls unter der Überschrift „Verarsche im größten Stil“, mit Verweis auf dieses Video:

Die vorgebliche Kampagne war also gar keine — oder …? Das Wort kam ins Gerede, man hatte einen Ausdruck für etwas, das den meisten schon einmal aufgefallen war, das vorher aber kaum präzise zu benennen war. So etwas war vorher (meines Wissens) weder Douglas Adams noch der Labenz-Sammlung des Texttheaterindendanten gelungen. Und das Wort zieht auch weiter seine Kreise, so erst kürzlich (und anfänglich mit veralteter Etymologie) auf karrierebibel.de (glücklicherweise bin ich also nicht der einzige, der hier etwas verschlafen hat).

„Verarsche im größten Stil“? — nur, wenn man enttäuscht ist, dass die Kampagne nicht von selbstlosen Gleichgesinnten ins Leben gerufen wurde. Ich sage: Seien wir dankbar für ein Wort, das wir vorher nicht hatten! Es hat eine nette Morphologie (s. den Wikipedia-Artikel) und beinhaltet insbesondere keine Markenbezeichnung o.Ä.; und es ist mit Sicherheit von größerer gesellschaftlicher Relevanz als Ausdrücke wie inmessionante. Wer gegen Phubbing ist, ist für Phubbing! So. Und jetzt gehe ich nur mal eben kurz die Twitter-Timeline checken.

PS: Das Wort Phubbing war übrigens auch für den Anglizismus des Jahres 2013 nominiert, schafftes es aber nicht einmal in die engere Auswahl. Wer weiß, was die Zukunft bringt …

[1] Ja, gelegentlich bin ich oberflächlich. Aber ich glaube, wer so ein Hemd trägt, hat genug Selbstbewusstsein, um auch eine derartige Anmerkung zu verkraften.